Jan Hertel ist besser bekannt als der Rapper Chaoze One. Seit mehr als 20 Jahren setzt er sich in seinen Texten und auf der Straße gegen Rechtsextremismus und Rassismus ein. Ein Gespräch über Punk, Pop, Pandemieleugner:innen – und die Highlights und Lowlights seiner Karriere.
Belltower.News: „Venti“ heißt dein neues Album – zwanzig, in Bezug auf deine zwanzigjährige Karriere als Rapper. Was war bislang das Highlight?
Chaoze One: Da würde ich keine bestimmten Konzerte oder Releases anführen. Ich würde eher meinen eigenen Mindset sagen. Als ich angefangen habe, habe ich das als Kommunikationsguerilla-Projekt gesehen, um Politik über Rap weiterzutragen. Erst später hatte ich einen künstlerischen Anspruch. Bis heute habe ich immer noch Probleme, zu sagen, dass ich Künstler bin. Es klingt seltsam, auch wenn ich nach künstlerischer Form und Inhalt suche. Dennoch war für mich diese Entwicklung ein Highlight.
Du warst linker Rapper, der über Themen wie Rechtsextremismus, Asylpolitik und Polizeigewalt gerappt hast, bereits zu einer Zeit, in der das nicht so üblich war – eine Zeit vor „Zeckenrap“, Sookee oder der Antilopen Gang. Siehst du dich als Vorreiter?
Vorreiter würde ich nicht sagen. Aber als ich für mein Buch recherchiert habe, habe ich ganz viele alte Fotos ausgegraben. In einem von einer Release-Party 2004 mit meiner Mama in der ersten Reihe steht auch ein junger Koljah. Zwei Jahre später, 2006, gibt es ein Foto von einem Gig in Aachen, wo Panik Panzer im Publikum zu erkennen ist. Das war noch einige Jahre, bevor sie die Antilopen Gang gründeten. Das hatte ich nicht auf dem Schirm. Damals rappten die beiden aber bereits gemeinsam. Wir hatten auch zusammen 2003 „HipHop Partisan“ gegründet. Vor mir gab es aber ja Anarchist Academy und ganze viele migrantisch geprägte Rap-Crews, die gerade zu Themen wie Rassismus immer um Aufmerksamkeit gerungen haben. Zum Beispiel 1992 haben sich Weep Not Child in ihren Texten auf Hoyerswerda und Rostock bezogen. Aber dass mit mir ein weißer mittelständischer deutscher Mann sich als Rapper explizit mit Politik beschäftigt hat, das war vielleicht damals noch rar.
Quelle: Belltower.News
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